Fast Forward
Fast Forward
von Rüdiger Baumann
In diesem Stück finden wie bei einer Party die besten Gespräche in der Küche statt. Hier treffen sich die
interessanten Leute. Während Bosse und Staatenlenker sich an der feinen Tafel gegenseitig listig
hinters Licht führen, wird am Kochtopf Klartext geredet. Hier herrscht das wahre Leben. Hier plagt sich
das Personal herum mit Nazis und Tamagotchis, versucht Zivis und Griechisch zu verstehen, fiebert mit
Bonanza und Börsenkursen.
Interessant und tragisch sind manche Irrtümer. So meint zum Beispiel eine resolute Küchenchefin in der
1929er Szene über die Nationalsozialisten: "Naja, die muss man nicht ernst nehmen. Die werden
genauso verschwinden wie viele andere Spinner auch, die es in den letzten Jahren gab." Und 1949 ist
sich ein junger Anhänger des Sozialismus, den es von Kulmbach nach Weimar zieht, sicher: "In ein
paar Jahren werdet alle zu uns wollen. Ob wir euch dann noch rein lassen?"
Das Geschehen der großen Politik spielt aber nur eine Nebenrolle in dem Stück. Es sind mehr die
Alltagserscheinungen, um die es geht. 1929 kann man es nicht fassen, dass Autos mit unfassbaren 60
Stundenkilometern durch die Gegend rasen. 1959 schmilzt eine junge Frau dahin beim Anblick eines
schwarzhaarigen und dunkeläugigen Gastarbeiters. 1969 fällt eine Mutter aus allen Wolken, als ihre
Tochter sich ihr als Hippie präsentiert - und das auch noch schwanger. 1999 wird der Milleniumbug
erwartet wie ein Weltuntergang.
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